Zuerst betrat der Pfleger – als höchster Repräsentant des erzbischöflichen Landesherrn – die Schranne und nahm am Tisch Platz. Rundherum, aber außerhalb der Schranken, versammelte sich das Volk. Dieses wählte pro Rügat ein bis zwei »Rechtssitzer«, auch Rügatmänner genannt. Die Rügatmänner nahmen auf den Bänken Platz und wählten nun aus ihrer Mitte den »Vorsprech« (= Rechtssprecher). Ein Scherge (= Gerichtsdiener) überprüfte, ob alle Geladenen anwesend waren und erstattete dem Pfleger Bericht, worauf dieser als Vorsitzender die Verhandlung für eröffnet erklärte.
Das Strafgeld teilten sich der Pfleger und der Scherge
Als Erstes musste der Vorsprech gezielte Fragen des Pflegers beantworten, um den Versammelten die geltenden, mündlich überlieferten Rechtsbestimmungen in Erinnerung zu rufen.
Anschließend wurden meistens die Namen jener Bauern aufgerufen, die mit Steuern und Abgaben im Rückstand waren. Anschließend kamen weitere Belange zur Sprache wie beabsichtigte Hofübergaben, Pachtverträge, Einberufungen zum Wehrdienst usw.
Viel Platz nahmen natürlich Rechtsstreitigkeiten ein: Jeder Anwesende durfte Fragen stellen, Kritik üben oder Anklage erheben. Schlüsselfigur bei der Urteilsfindung war nicht der Pfleger, sondern der Vorsprech. Dieser unterbreitete den Rügatmännern einen Vorschlag für das Urteil. Waren sie einverstanden, fragte der Vorsprech auch die Versammelten um ihre Meinung und erst mit deren Zustimmung wurde das Urteil verkündet.
Wer nicht zahlen konnte, musste »Keichtage« absitzen
Wenn möglich wurden Geldstrafen verhängt. Das Strafgeld durfte sich der Pfleger mit dem Schergen aufteilen. Die Allerärmsten, die nicht zahlen konnten, bekamen »Keichtage« – bei Wasser und Brot – aufgebrummt. Diese mussten sie z. B. in der »Keiche« bzw. im Gefängnis Plötzhaus absitzen.
Taidinge wurden erst 1848 abgeschafft
Bei Malefizfällen konnte der Verurteilte beim Pfleger oder beim Hofgericht in Salzburg Berufung einlegen. Auch Todesurteile wurden vom Pflegegericht Wartenfels verhängt und exekutiert. Zur Vollstreckung kam ein Scharfrichter aus Salzburg. Die Taidinge waren bis 1816, als Salzburg zu Österreich kam, geltendes Recht. Endgültig abgeschafft wurden sie erst 1848.
Verwendete Quellen und Literatur:
Adrian,Karl: »Unser Salzburg«, Wien 1923.
Dopsch, Heinz/Spatzenegger, Hans (Hrsg.): »Geschichte Salzburgs«, Stadt und Land, Bd. I/2, Salzburg 1983.
Haas, Karl: »Thalgauer Heimatbuch«, 1. Aufl. Salzburg 1976.
Iglhauser, Bernhard: »Goldbrünnlein und Wettervogel«, Innsbruck 1994.