am Kirchbichlhof

Beim Kirchbichlhof fanden nach mündlicher Überlieferung wahrscheinlich ab dem 16. Jahrhundert sogenannte »Taidinge*« (Gerichtstage) statt. Diese wurden zweimal im Jahr abgehalten – zu Georgi, am 23. April, und zu Martini, am 11. November. Das Gefängnis im #ploetzhof dürfte damit in Verbindung gestanden sein. Bei den Taidingen waren alle Männer zur Teilnahme verpflichtet. Die Verhandlungen wurden grundsätzlich im Freien abgehalten. Man stellte einen Tisch in der Mitte sowie mehrere lange Bänke auf und umgab sie mit Schranken. Dieser abgegrenzte Platz hieß Schranne.

Beim Blick durch das Fenster entdeckt man in der Ferne das Dach des Bauernhofes Kirchbichl

In Kirchbichl war dies wohl an jener Stelle, die heute durch eine Hauskapelle und eine Linde besonders hervorgehoben ist. Einer Sage nach gab es vom Kirchbichlhof nach Wartenfels einen unterirdischen Gang – wohl ein Hinweis auf die enge Verbindung der Richtstätte zum Ansitz des Richters. Meist ging es um sogenannte »Bagatellfälle« (niedere Gerichtsbarkeit) wie Besitzstreitigkeiten, Grundstücksgrenzen, Weiderechte, nicht bezahlte Schulden, kleine Diebstähle und Raufhändel.

Das Pflegegericht Wartenfels war aber, im Gegensatz zu vielen kleineren Gerichten, auch für »Malefizfälle« (Schwerverbrechen) zuständig. Dazu gehörten neben Mord, Totschlag, Raub, Notzucht und Brandstiftung auch Fahnenflucht, Rebellion, Zauberei, Schatzgräberei, Schmuggelei (Mondsee und Bad Ischl lagen ja schon im Ausland!), Wilderei, Ehebruch und »Fornifikation« (vorehelicher Geschlechtsverkehr).

*Erläuterung:

Taidinge: abgeleitet von »Ding« = Gericht » Taiding = Tag des Gerichtes

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